Donnerstag, 7. Juli 2011

Einmal Kärnten und zurück

der Mittwoch wird von DWD und Wetter-Jetzt als brauchbar eingeschätzt (PFD um 500km) mit früh einsetzender Thermik und später dann einzelne Gewitter. Da ich nach dem miesen Flugwetter der letzten Wochen unter ausreichend Entzug leide räume ich schon um 8 Uhr den Ventus raus und warte auf die früh einsetzende Thermik.
Satbild gegen 9
Es ziehen einige Zirren durch und darunter mit Basis ca. 2500-3000m ganz komische AltoCumuluswolken.
Gegen 10 Uhr tauchen unter dieser Schicht einige ganz tiefe Bummerl auf mit Basis vielleicht 400m Grund die sich dann aber wieder auflösen. Ich beginn die Hoffnung etwas zu verlieren daß da heut noch was geht und bestell mir um 11 einem schönen Seppsalat in der Wallmühle. Ich überleg ob ich den Flieger wieder einräumen soll oder doch den Alpenrattler probieren soll den ich mir zwar schon vorgenommen hab aber auf den ich nicht wirklich vorbereitet bin (ausser daß ich den Aussenlandekatalog von streckenflug.at im LX9000 drin hab).
Egal, ich probiers.
Schnell den restlichen Salat aufessen und auf gehts.
Flugwege
wie man oben sieht sehe ich 3 Möglichkeiten ab Straubing in die Alpen zu kommen. (Einiges könnte falsch sein aber das ist meine momentane Sicht).
Vorbemerkung:
Auch wenn es bisher nicht von Straubing aus probiert wurde spricht nichts wirklich gegen einen Versuch auch mit einem reinen Segelflugzeug. Wenn mich eines wirklich überrascht hat dann die kleinen Entfernungen zu den Alpen aber auch innerhalb der Alpen. Anders rum gesagt: Oben am Thüringer Wald absaufen bedeutet eine viel längere Rückholaktion als von der Alpennordseite.

Weg 1 Direttissima
Die erste die ich genommen hab ist der direkte Weg wobei man zwischen Salzburg und München wegen den CTR's einen Haken einbauen muss und nicht viel Platz hat. Allerdings liegt der Luftraum C München in seiner äusseren Begrenzung bei 8500 Fuss und auch der weiter innen noch bei 6500 Fuss so daß man bei nicht zu hoher Basis diesen Bereich auch locker nutzen kann.
Salzburg selber leider Untergrenze 1372m.
Bei bereits eingesetzter Bergthermik und damit Talwind (Nord) wird  man die letzten Bummerl wohl nördlich Chiemsee finden, anschließend sollte man aber zumindest Gleitzahl bis Unterwössen (DASSU) haben. Dort empfehle ich die Webpage zu studieren wie man vom Hang in die Thermik kommt. Südlich des Platzes ist ein Nord-Hang der bei eingesetztem Talwind trägt. Danach kann man zum "Hausbart" auf die Nordseite wechseln der dort an der Südwestkante des Berges an einer Almwiese abgeht.
Als ich einflog hatte der Talwind bereits ganz leicht eingesetzt, ich war aber so hoch daß ich nicht auf die Unterwössener Hot Spots angewiesen war und wenns geht vermeide ich wenn möglich andere Segelfluggelände.

Weg 2 Passau
Hier fliegt man erst den Bayerwald runter bis Passau und geht dann auf Südkurs. Man hat wesentlich mehr Platz und damit Spielraum wenn die Bummerl nicht an der richtigen Stelle stehn. Ob der Einstieg wegen der vielen Seen günstig ist muss sich zeigen aber ich war schon öfters am Traunsee zum Kitesurfen und dort bildet sich ab 12 Uhr oft ein sehr starker Talwind (Nord) der am Feuerkogel, dem Berg zwischen Attersee und Traunsee an der Nordseite recht guten Aufwind geben sollte. Wenn der Talwind noch nicht eingesetzt hat geht wahrsch. die Südseite thermisch. Das würde ich zumindest als Einstieg probieren. Wichtig ist halt hoch ankommen daß man sich nicht ohne Alternative an den Hang schmeissen muss.
Der Flugplatz Gmunden am Eingang und Nordkante Traunsee ist aber eine gute Rückzugsmöglichkeit wenn es nicht klappt. Wenn man sehr tief ankommt sollte man den Traunsee nicht nehmen sondern sich weiter westlich in sicherer Entfernung des Flugplatzes Scharnstein halten und dort versuchen Thermik zu finden. Ich werd vor meinem nächsten Flug mal schauen wo sich die Jungs aus Scharnstein und Michelsdorf hinschleppen lassen.

Weg 3 Hinter Linz
Dieser Weg ist für ein reines Segelflugzeug sehr interessant weil dort die Alpen so nahe sind daß das Wetter visuell abgeschätzt werden kann. Leider ist es ab Freistadt im Bayerwald oftmals nicht sehr gut so daß die Hürde/Schlüsselstelle wahrsch. schon östlich Freistadt liegt. Als Absaufflugplatz bietet sich St. Georgen oder Seitenstetten an.
Dieser Weg ist OLC und DMST technisch sehr günstig weil ein großes FAI eingeschlossen werden könnte. Dazu würde der erste Schenkel nach Südost führen, dann Alpeneinstieg, weiter Richtung Niederöblarn und dann den Pinzgauer Spaziergang entlang bis Querab Chiemsee, dann Nordkurs zurück wie ich jetzt auch geflogen bin. So ein FAI hätte 613km, eigentlich nicht richtig viel.

Also zurück zu meinem Flug (Weg 1)
Ich flieg 11:30 Südkurs ab und rattel mich auf fast 2000m MSL und mach den Motor aus was ein abgleiten immerhin bis Altötting locker ermöglicht.
Ratteln ins Blaue
Ausser ein paar AltoCu Leichen keine Wolken. Ich rechne auf keinen Fall damit daß es ohne erneutes Anlassen klappt aber als ich unter 1200m MSL komm lupft es erstmals und kurz darauf bilden sich die ersten Flunsen. Ich park erstmal und gewinne Zeit, arbeite mich sehr langsam und vorsichtig mit 0.6-0.8m weiter Richtung Süden.

erste Lupfer bei Altötting
die Wolken werden mehr aber ziehn nicht unbedingt besser, mehr als 1m effektiv gibts nicht. Im Dunst taucht der Chiemsee auf.
 
hinten links Chiemsee
Chiemsee
ab dem Chiemsee werden die Wolken wieder weniger.
Ich bieg 90 Grad ab vom Kurs um eine frische Wolke anzufliegen und mach dort nochmal Maximalhöhe.
Gleitflug ins Gebirge
aber ich hab 2400m überm Chiemsee und das sollte ja locker reichen und tuts auch.
erster Grat bringt den Bart
den ersten Grat flieg ich auf der Südseite an, dort aber nur saufen, besser wirds genau oberhalb Grat und ich erwisch dort einen furchtbar turbulenten und bockigen Bart der erst weiter oben ruhiger wird.
Reiteralm
Von dort gehts weiter um die EDR-142 Reiteralpe rum und ich erwische hier auf der Südwestseite schönes thermisch unterstütztes Steigen am Hang. Der Wind kommt jetzt ziemlich genau aus Westen und hier und in der Folge alle Berge ziehen auch zusätzlich sonnenunterstützt am besten an der Südwestkante. Es ist natürlich sehr schön wenn Wind und Sonne in die gleiche Richtung arbeiten, insofern hab ich glaube ich einen sehr einfachen Tag erwischt.
Ach übrigens:
Alle hier genannten Bergnamen sind nachträglich von mir nachgeschaut worden weils mich interessiert hat. Während ich da geflogen bin hatte ich leider Null Ahnung wie das alles heisst.

Ein einzelner Kreis genügt und ich bin bereits über dem Grat. Insgesamt kurbel ich den Ventus mit ziemlicher Überfahrt nachdem ich schon am ersten Grat einmal fast Rudervollausschlag gegensteuern musste. Ausserdem vermeide ich positive Flaps in Gratnähe was schon meine Ventuserfahrung im Bayerwald war. Insgesamt bin ich mit tiefem und ehrlichen Respekt und leider auch zwischendurch einer Portion Adrenalin bei der Sache, es ist schon eher ungewohnt als Flachlandkurbler auf einmal neben so hohen Steinen zu fliegen.
Ich kurbel bis zur Wolke (2600m) und fliege Richtung Osten ab, meinem ursprünglichen Plan folgend hinter der CTR Salzburg wieder Richtung Passau hochzufliegen. Dabei wollte ich eigentlich auf der Nordseite bleiben und im Gleitbereich Flachland.
Allerdings sieht man im Nordosten ein riesiges Gewitter stehen und in den Alpen sinkt die Basis Richtung Osten extrem ab, Berge teilweise in Wolken.
Ich entscheide mich spontan um und flieg weiter Richtung Süden.
Bis jetzt war ich bequem im Gleitbereich Unterwössen aber schalte jetzt um auf Zell am See.
Es geht jetzt das Steinerne Meer entlang (Berchtesgadener Alpen) und zwar wieder an der Südwestkante die trägt wie Sau. Eine riesige Wolkenwurst zieht sich hier entlang und ich bin mit der TAS schon am gelben Bereich und muss seitlich rausfliegen.
links Steinernes Meer, im Hintergrund rechts vom Faden Zell am See
Steigen am Anschlag
Steinernes Meer (rotes S) an das sich der Watzmann anschließt
eigentlich wollte ich den Alpenhauptkamm nicht überqueren und kurz kommen Gedanken auf ob das was ich da treibe mit meinem Ausbildungsstand kompatibel ist aber ich sehe eigentlich keine objektive Gefahr bei der Basishöhe (nun 3000m) und Gleitzahl <20 (unter Berücksichtigung der tatsächlichen Erreichbarkeit durch im Weg stehende Berge) auf einen Platz.
Also flieg weiter den Wolkenstrassen und Südwesthängen folgend bis zum Katschberg (Kärnten). Dieser Abschnitt ist recht schnell aber angesichts der Zeit die ich beim Hinflug und Einstieg verloren hab muss ich jetzt trotzdem ans Umdrehen denken.
Kärnten mit Nockbergen in Sicht

Ich wähle nicht den gleichen Rückweg da mich die 3000'er der Hohen Tauern anziehen. Ich erinner mich an einen Bericht aus dem Internet vom "Pinzgauer Spaziergang" und dem was ich noch aus dem Buch vom Dinges über Alpenthermik weiss, nämlich daß dort oftmals schöne Aufreihungen stehen.
Ich nehm ungefähr Kurs Großglockner und flieg vorher an der Kesselspitze
Kesselspitze (2700m)
Hochalm (3360m) und Almkogel (3252m)
und dann an Hochalm und Almkogel vorbei.
wieder tolle Wolkenstrasse an der Südwestkante
 Der Grat der von den Hohen Tauern Richtung Salzachtal herabführt hat wieder einen Südwesthang der sehr gut trägt. Davor gehts aber nochmal ordentlich ins Lee.
Glocknergruppe und Pinzgauer Spaziergang
Der Pinzgauer Spaziergang geht entlang des Salzachtales und trägt je nach Wind und Tageszeit mal mehr an der Seite der Nordseite (morgens), zum abend hin eher Richtung Talmitte oder Südseite.
Heute ist es tatsächlich so daß 2 Wolkenstrassen entlang laufen. Auch hier könnte man wohl kreislos 50km weiter nach Westen fliegen aber ich muss zurück und quere das Tal nach Norden wo auch nochmal ein guter Bart steht.
Blick Richtung Zell am See jetzt von Süden her
Zell am See ist wieder im Nahbereich und ich quere die Kitzbühler Alpen Richtung Sankt Johann (ebenfalls Flugplatz).
Ab hier wirds ganz eindeutig thermisch schlechter und die paar Restwolken schauen nicht mehr besonders tatkräftig aus.
Jetzt gilt es Abschlusshöhe zu gewinnen und ich vermute gute Aufwinde in der Südwestmulde die die Loferer der Sonne entgegenstrecken.
Am Hang der Loferer
Das ist auch im Prinzip richtig, nahe am Hang gehts teilweise super aufwärts aber beim 8-ter fliegen und Kurven weg vom Hang genauso ins Saufen und da der Steigbereich zu kurz ist bleibt netto nicht viel übrig.
Ich flieg weiter Richtung Flachland und die Wolken sind jetzt alle gestorben.

Meine letzte Chance kommt an einem Nordwesthang. Wahrscheinlich wirkt das Tal bei Kiefersfelden nochmal kanalisierend auf den Talwind, dadurch wird die Windrichtung West mehr Richtung NordWest abgelenkt.
Talwind am Nachmittag und letzte Thermik
Dazu kommt noch der Sonnenstand im Westen so daß der U-Förmige Einschnitt sicher ein zu dieser Uhrzeit generell sehr guter Thermikspender ist.
kurz vorm letzter Aufwind, hier noch im Lee vorm überqueren auf die thermisch aktive Seite
Der Bart bringt immerhin 1.2m integriert und bringt nochmal 700 Höhenmeter ohne die ich die nächsten Bärte im Flachland nicht geschafft hätte.
Nördlich Chiemsee lupft es wieder das erste Mal und ich nehm im Blauen quälend schwache 200 Höhemeter in 0.5m mit.
Chiemsee im Nachmittagslicht
Weiter gehts mit dem ableiten der Höhe und bei Burghausen spriessen auf einmal wie bestellt lauter Bummerl.
Burghausen der rettende Bart auf 2400m MSL
Ich gewinne in einem überraschend schönen Bart 1200m mit immerhin 1.6m von unten bis oben (zwischendurch auch 2.5m integriert).

Rückflug im Dunst
Witzigerweise fällt hier die Basis (es hat unten noch ein paar Flunsen) um 800m ab so daß ich über einige Funsen drüberflieg. Die Luft ist hier klinisch tod.
Ich stelle mal wieder fest daß ich mit der nach Handbuch händisch berechneten Ventus Polare ziemlich genau hinkomm wenn ich 10% Bugs einstelle.
und wieder daheim
ich hab rückblickend betrachtet sehr viel Glück gehabt mit meiner Entscheidung für Südkurs. Im Bayerwald wärs nur max. 2 Stunden vorm Gewitter gegangen und auch Straubing wurde zwischendurch richtig nass. Das Alpenfliegen macht irrsinnig viel Spass, fast mehr als Namibia und zumindest der Bereich wo ich heut geflogen bin war immer ein Flugplatz in Reichweite und ein im Mittelgebirge erfahrener Pilot kann das denke ich bei so einer Wetterlage ohne erhöhtes Risiko durchführen.
Freue mich aber auf meinen Alpenflugkurs in Serres im August wo ich vor allem mehr Routine beim Hangfliegen gewinnen will.
Ach ja, wenn ein Alpenexperte Fehler in meinen Vermutungen/Schlussfolgerungen sieht bitte als Kommentar korrigieren.

hier noch das Video:

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